Geschichte: Die Lilie- 7. Kapitel


 Die Lilie- 7. Kapitel
Buch:
  Die Lilie
Autor:
 Camaro (Profil)
Datum:
 19.01.2015 20:56

Befreiung

Keine zwei Tage später traf auf der Burg der richtige Ben ein. Er war zu der Beerdigung seines Vaters angereist und war blass wie ein Laken und hatte tiefe Augenringe. Man sah ihm die Trauer sehr an, doch er amüsierte sich dennoch einen Tag nach der Beerdigung über den fehlgeschlagenen Versuch, die Lilie als einen Spion anzuheuern.
«Dann hättet ihr einmal besser auf mich warten sollen. Schließlich war ich vor einem knappen halben Jahr auch kurzfristig in dieses Geschäft verwickelt. Ich habe meine Bekanntschaften.»
Als er dies sagte, schauten alle Anwesenden ihn erstaunt an. Niemand hatte damit gerechnet, dass der Zwillingsbruder des neuen Barons vor nicht allzu langer Zeit in der Diebesszene tätig gewesen war.
Zu guter letzt kamen Bastian und Ben zu dem Entschluss, dass Ben sich seinen Bekannten bedienen sollte, um die Lilie zu überreden.

Die letzten zwei Tage hatte die Lilie sich unauffällig verhalten und hatte keinen Auftrag angenommen.
Am dritten Tag ging sie über den Markt.
Wenn ich daran denke, wie ich vor neun Jahren das erste mal in dieser Stadt war. Da war ich gerade zehn und noch unerfahren, was dieses Geschäft angeht. Die Suche nach Hannes hatte mich hier her gebracht und ich war der Spur gefolgt, obwohl ich mir nicht sicher war, ob er mich aufnehmen würde, dachte die Lilie nachdenklich.
Plötzlich ging Hannes neben ihr her und sah sie an. «Woran denkst du?»
«Daran, wie ich das erste Mal über den Marktplatz hier spaziert bin», antwortete sie ihm.
«Spaziert? So nennen kann man das aber nicht. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich dich über den Platz habe rennen sehen. Waren nicht die Wachmänner des Barons hinter dir her, weil du einer wichtigen Person den Geldbeutel gestohlen hattest? Wenn ich mich recht entsinne, war diese Person sogar der Baron höchstpersönlich», lachte Hannes.
«Denkst du, zu diesem Zeitpunkt wusste ich das? Ich war hungrig und durstig und müde. Schließlich hatte ich an diesem Tag eine Strecke von normalerweise ein ein halb Tagen Fußmarsch zurück gelegt. Alles nur, weil ich auf der Suche nach dir war. Dabei wusste ich noch nicht einmal, ob du mich aufnehmen würdest. Meine einzige Chance war es mir Geld zu besorgen. Der Geldbeutel des Barons war der erst beste», verteidigte die Lilie sich lächelnd.
«Nur dadurch bin ich überhaupt auf dich aufmerksam geworden. Am Ende habe nämlich ich dich und nicht du mich gefunden. Außerdem wäre ich sonst niemals auf die Idee gekommen dir das Stehlen beizubringen. Weißt du noch, als du 15 warst? Da haben wir doch des Diamantenverstesteck des heutigen Steuerberaters geplündert. Als der Hund gebellt hat, hast du dich so erschreckt, dass du fast in die Luft gesprungen wärst. Das war zu lustig», erinnerte er sie.
«Ich muss zu meiner Verteidigung vorbringen, dass das mein erster größerer Coop war! Und dann bellt da dieser blöde Hund! Apropo Coop. Hast du in nächster Zeit irgendetwas größeres vor?»
«Nun ja, ich habe Informationen bekommen, aber denke, dass ich nichts unternehmen werde. Im Moment hält die ganze Stadtwache nach Dieben Ausschau. Du kannst dir schon einmal ausdenken, wie wir unseren alten Freund Niko aus dem Kerker herausholen», forderte Hannes seine Cousine auf.
«Sie haben Niko gefasst? Wie das?», geschockt schaute sie ihn an. «Er ist doch fast genauso gut wie ich!»
«Da bildest du dir etwas ein. Niko ist vielleicht gut, aber noch lange nicht so gut, wie du.
Niko wurde dabei erwischt, wie er für seine Familie auf dem Markt Gemüse gestohlen hat. Schon irgendeine Idee?», fragte Hannes nun etwas ungeduldiger. Er spielte darauf an, dass die Lilie auch schon einmal dort gewesen war.
«Ich könnte mich auf dem selben Weg hinein schleichen, wie ich hinaus gekommen bin. Wie wir dann fortfahren, ist deine Sache», antwortete sie ihm.
«Vielleicht sollten wir diese Angelegenheit nicht hier besprechen», meinte Hannes mit einem bedeutungsvollen Blick auf die Stadtwachen.

Keine Stunde später standen Hannes und die Lilie vor der Burg des neuen Barons.
«Und du willst mir wirklich nicht erzählen, wie du vor etwas mehr als einem Monat aus dem Kerker entkommen bist?», fragte Hannes seine Cousine lächelnd.
Diese lächelte ebenfalls und schüttelte den Kopf. Seit einer halben Stunde diskutierten sie schon über dieses Thema.
«Jetzt ruf schon nach Louis!», forderte die Lilie Hannes auf.
Hannes nickte und stieß einen schrillen Pfiff aus.
Keine zwei Minuten später kam einen Person aus dem Schatten.
«Louis.» Mit einem Nicken begrüßten Hannes und die Lilie den Mann.
«Hannes und die Lilie. Warum werde ich den Gedanken nicht los, dass ihr hier seid, weil eine bestimmte Person im Kerker der Burg sitzt?», fragte Louis.
«Du sagst es», stimmte Hannes ihm zu. «Wir benötigen einige Auskünfte über Nikos Aufenthaltsort», fuhr die Lilie fort. «Vielleicht könntest du so freundlich sein und uns diesen mitteilen», vollendete Hannes ihren Satz.
«Jetzt weiß ich, was ich vermisst habe: Diese unheimliche Weiterführung eines Satzes des jeweils anderen.» Louis lächelte und fuhr fort: «Louis befindet sich in einer Zelle, die sehr weit am Ende des Ganges liegt. Um genau zu sein ist es die letzte auf der linken Seite.»
Die Lilie nickte.
«Ist das Turmverlies leer? Und vor allem, wie viele Wachen befinden sich im Kerker?», fragte sie.
«Ja, das Turmverlies ist im Moment unbewohnt, da der neue Baron fürchtet, nachdem du fliehen konntest, könnte ein weiterer Dieb fliehen. Anscheinend möchte Bastian Niko als Köder benutzen. Im Kerker wimmelt es nur so von Wachen. Ich vermute, es sind mindestens zehn.»
«Na toll! Merde!!», murmelte die Lilie vor sich hin.
«Du sollst doch nicht immer so schrecklich undamenhaft fluchen!»
Missbilligend sah Hannes seine Cousine an. Obwohl er nur vier Jahre älter war, fühlte er sich doch für sie verantwortlich. Dementsprechend auch für ihre Erziehung, obwohl es für diese wohl schon etwas zu spät war.
«Meinst du, du könntest die Wachen auf mein Zeichen hin ablenken und aus dem Kerker locken?», fragte die Lilie Louis.
Als dieser nickte, sagte die Lilie: «Passt auf, wir werden es so machen...»

Bastian saß gelangweilt an seinem Schreibtisch. Es kam ihm vor, als wäre dieser Dieb umsonst gefangen worden. Bis jetzt hatte zumindest noch kein anderer Dieb versucht, ihn zu befreien.
Natürlich wäre es Bastian am liebsten, wenn es am Ende die Lilie seien würde, die in seine Falle tappen würde.
Plötzlich ertönte irgendwo ein Schrei.
«Feuer! Feuer!»
Mit einem Satz war Bastian am Fenster und schaute auf den Burghof. Und tatsächlich stieg hinter den Stallungen eine Rauchwolke zum Himmel hinauf.
Er drehte auf dem Absatz um und verließ das Zimmer.
Bastian geriet in einen Strom Menschen, die alle so schnell wie möglich die Burg verlassen wollten.
Wo zum Teufel ist Tobias?, fragte er sich. Es ist seine Aufgabe ein solches Durcheinander zu verhindern.
Als Bastian den Burghof betrat, sah er, dass sich bereits eine Kette gebildet hatte, um das -zum Glück- nicht sehr große Feuer zu löschen.

«Dein Plan ist echt genial. Durch das Feuer sind alle abgelenkt und niemand achtet auf uns. Außerdem helfen alle Wachen beim Löschen des Feuers», freute Hannes sich und eilte neben seiner Cousine die Treppe in den Kerker hinunter.
«Wollen wir hoffen, dass Louis nicht über trieben hat und noch der ganze Stall nieder brennt. Komm, wir müssen uns beeilen!», forderte die Lilie ihn auf.
Kurze Zeit später standen die beiden vor der Tür der Zelle.
«Niko?», fragte Hannes vorsichtig.
«Hannes?». Von der anderen Seite der Tür ertönte die Stimme von Niko.

«Beinhaltete dein Plan auch, wie wir die Zellentür auf bekommen?», fragte Hannes nun.
«Das war doch dein Teil! Mein Teil war es nur, hier rein zukommen!», protestierte das Mädchen, erbost über seinen Vorwurf.
Hannes seufzte und machte sich daran das Schloss zu knacken, während die Lilie sich mit Niko über das "erfüllte" Leben in einer Zelle im Kerker der Burg Dache austauschte.

Nach zehn Minuten hartem Arbeiten war das Feuer gelöscht.
Merkwürdig. Wieso hat das Feuer sich nicht weiter ausgebreitet und wie ist es überhaupt entstanden?, wunderte Bastian sich.
Da kam ihm ein schlimmer Verdacht.
«Ist noch eine Wache im Kerker um die Gefangenen zu bewachen?», fragte Bastian Tobias.
Suchend schaute Tobias sich um und hielt Ausschau nach den Wachen. Als er alle, die eigentlich Dienst im Kerker hatten, gesehen hatte, sagte er zu Bastian: «Nein, alle befinden sich hier.»
«Das darf nicht wahr sein!»
Mit diesen Worten drehte Bastian auf dem Absatz um und rannte auf die Treppe zum Kerker zu. Tobias und Flavio folgten ihm.
Als Ben die drei über den Hof hasten sah, folgte er ihnen und fragte sich, was wohl passiert war.
Bastians Weg führte ihn sofort zur letzten Zelle des Ganges.

Als sie die Schritte hinter sich die Treppe herunter kommen hörte, hatte die Lilie blitzschnell reagiert und hatte Niko und Hannes hinter eine Ecke gezogen.
Sie spähte um die Ecke und sah wie Bastian vor der leeren Zelle stand.

«Ich habe es gewusst! Das Feuer war nur eine Ablenkung!», wütend trat Bastian mit dem Fuß gegen die offene Tür.
«Jetzt beruhige dich doch, Bastian. Soweit können sie noch nicht sein. Wenn wir uns beeilen, können wir sie immer noch gefangen nehmen», sagte Tobias.
Die drei Männer machten sich daran die Zelle zu untersuchen und betraten diese.

«Lass uns die Möglichkeit ausnutzen, die sich uns gerade bietet», murmelte Hannes seiner Cousine zu.
Mit geschmeidigen Bewegungen ging er auf die Tür zu.
Keine Minute später waren Bastian, Tobias und Flavio in der Zelle gefangen.
«Lasst uns sofort heraus!», forderte Bastian.
«Dann hätte ich Euch doch umsonst eingesperrt. Ich denke, Ihr solltet einmal merken, wie es ist, hier gefangen zu sein. Nicht wahr, Niko?», fragte Hannes nun.
Niko und die Lilie traten aus dem Schatten.
«Du schon wieder!», giftete Bastian.
Er hatte die Lilie auch mit Umhang und aufgesetzter Kapuze erkannt. Allein an ihrem katzenartigen Gang.
«Sieht so aus. Allerdings bin ich der Meinung, dass mein Plan noch besser aufgegangen ist, als gedacht. Schließlich befindet sich Niko vor und du dich hinter der Tür. Und du hattest Zweifel an meinem Plan, lieber Cousin», spottete die Lilie.
«Erinnere mich das nächste Mal daran, dass ausnahmsweise einer deiner Pläne aufgegangen ist», zog Hannes die Lilie auf.
Mit einem abwertendem Geräusch drehte die Lilie sich um und ging davon.
»Wir sehen uns an Nikos Haus.»

Ben hatte das Szenario aus sicherer Entfernung beobachtet und ging, nachdem Hannes und Niko sich auf den Heimweg gemacht hatten, auf die Zelle zu.
«Sieht so aus, als würdet ihr in Schwierigkeiten stecken», stellte er nüchtern fest.
«Lass die Bemerkungen und hol uns lieber hier raus!», giftete Bastian seinen Bruder an.
Er ist eindeutig zu sehr daran gewöhnt, dass seine Befehle ohne Verzögerung ausgeführt werden, stellte Ben fest.
«Seitwann spricht man so mit seinem Bruder?», fragend schaute er Bastian an, während er die Zelle auf schloss.
«Du hast recht. Ich hätte nicht so mit dir sprechen dürfen. Ich war nur aufgebracht wegen der Lilie. Es tut mir leid, Ben. Es kommt nicht mehr vor», entschuldigte Bastian sich und umarmte Ben brüderlich, sobald er die Zelle verlassen konnte.


«Danke», sagte Niko mit einer solchen Aufrichtigkeit, dass die Lilie jetzt verstand, aus welchem Grund sie die Gefahr gefangen zu werden auf sich genommen hatte.
Hannes, Niko und sie standen gerade vor der Tür von Nikos Haus.
Niko klopfte und seine Frau öffnete die Tür.
«Niko!» Mit einem vor Freude strahlendem Gesicht warf sie sich ihm in die Arme.
Hannes legte seiner Cousine einen Arm um die Schultern und murmelte: «Hier werden wir nicht mehr gebraucht.»
Sie verabschiedeten sich und gingen zu ihrem momentanem Versteck.

 Re: Die Lilie- 7. Kapitel
Autor:
 Mary-Margret
Datum:
 20.01.2015 06:00
Bewertung:
 

Gut, ich hab nur mit den Namen ein Problem und den Umgang zwischen den Adligen.
Der Sohn eines Barons würde niemals zugeben, dass er gestohlen hat.