Geschichte: Die Lilie- 8. Kapitel


 Die Lilie- 8. Kapitel
Buch:
  Die Lilie
Autor:
 Camaro (Profil)
Datum:
 17.07.2015 17:07

Auftrag

«Wir brauchen unbedingt möglichst schnell einen Spion, der für uns heraus findet, was unser Nachbar plant», sagte Bastian am nächsten Morgen zu Ben.
«Ich weiß. Ich wollte mich heute nach meinem Bekannten erkunden und mich dann mit ihm unterhalten. Ich schätze, du kannst den Spion dann in wenigen Tage in Dienst nehmen. Vermutlich wirst du dich aber auf einen ziemlich hohen Preis einstellen müssen», warnte Ben seinen Bruder.
Bastian meinte darauf nur, dass ihm für sein Land nichts zu teuer sei.

Hannes ging die Straßen entlang. Er langweilte sich. Als Oberhaupt der Diebe hatte er so viel Geld, dass er eigentlich nicht mehr stehlen müsste. Das meiste spendete er den armen, auf der Straße lebenden Menschen.
Das Dieb sein ist auch nicht mehr das, was es mal war, schoss es ihm durch den Kopf.
«Hannes!» Als er seinen Namen hörte drehte er sich um und erkannte seinen Wächter, der eine andere Person festhielt.
Hannes eilte auf die beiden Personen zu.
«Ich sagte, Ihr solltet mich auf der Stelle loslassen!», ertönte eine, Hannes sehr bekannte, Stimme.
«Alexander, lass ihn los. Ich kenne ihn. Er ist keine Bedrohung für einen der Unseren», erklärte Hannes.
«Guten Tag, Hannes», begrüßte der, nun freigelassene, Mann ihn.
«Sei gegrüßt, Ben.»

«Danke noch einmal für gestern. Dein Einfall war wirklich gut», sagte Niko zu der Lilie.
Die beiden hatten sich durch Zufall auf dem Markt getroffen und gingen nun redend nebeneinander her.
Die Lilie blieb stehen und kaufte etwas Gemüse.
Niko schaute sie erstaunt an und fragte: «Wieso hast du Geld ausgegeben und das Gemüse nicht gestohlen?»
«Erstens, weil im Moment die ganze Stadt nach Dieben Ausschau hält und zweitens, weil Hannes und ich genug Geld haben und finden, dass es nicht gerecht ist, den Armen etwas zu stehlen, obwohl sie sowieso schon nicht genug Geld haben.»
Darauf konnte Niko nur nicken. Er wusste schließlich auch, dass Hannes und die Lilie genug Geld hatten. Als Oberhaupt der Diebe konnte Hannes alle großen Coops selbst durchführen und daran verdienen. Außerdem musste jeder Dieb eine geringe Steuer zahlen, die an Hannes ging.
«Was genau ist eigentlich der Grund, dass die Stadt im Moment nur nach Dieben Ausschau hält?», fragte Niko neugierig. Er hatte nie verstanden, aus welchem Grund die Lilie und Bastian sich nichts schenkten.
«Alles begann damit, dass ich einen Auftrag des verstorbenen Barons annahm. Ich bin mir sicher, du hast von der Verfolgungsjagd gehört. Ich bin in den Kerker gebracht worden, konnte allerdings am nächsten Morgen fliehen. Einige Tage später habe ich mir meine rechtmäßige Belohnung, die mir zustand, weil ich dem Baron gewisse Papiere besorgt hatte, geholt. Darauf habe ich ein Gespräch zwischen Bastian und zwei anderen Männern belauscht und habe anschließend einem Übungskampf zugestimmt. Unentschiedenen. Du kannst dir sicher vorstellen, was für eine Standpauke Hannes mir gehalten hat, als die Nachricht davon sich in der Stadt verbreitete. Vor drei Tagen wollte ich herausfinden, ob das Gerücht über den Tod des Barons der Wahrheit entspricht. Getarnt als derjenige, der mit Bastian den Übungskampf bestritten hatte, kam ich zur Burg. Wurde allerdings erkannt und in einen Hinterhalt gelockt. Ich konnte zum Glück über die Tunnel entkommen. Gestern kam Hannes mit der Nachricht deiner Gefangennahme zu mir und ich freute mich natürlich, dem neuen Baron eins auswischen zu können. Dafür, dass dies alles innerhalb von einem Monat und weniger als fünf Tagen geschehen ist, finde ich es sehr aufregend. Allerdings kann ich nun ihn und er wahrscheinlich auch mich, noch weniger leiden», endete die Lilie.
Niko hatte aufmerksam zu gehört und sagte: «Meiner Meinung nach, ist es so, dass du und der Baron euch immer wieder über den Weg lauft. Schon sehr merkwürdig...»

«Und du und dein Bruder, ihr seid euch wirklich sicher, dass es unbedingt meine Cousine sein muss?» Fragend schaute Hannes Ben an.
Ben nickte und antwortete: «Mein Bruder kann sie zwar nicht leiden, doch er möchte auch den besten Spion für seine Baronie gewinnen. Außerdem, ist sie ihm jetzt schon so oft vor der Nase verschwunden, sodass er jetzt mehr über sie herausfinden möchte.»
«Bevor ich dir zusage, dass ich versuchen werde sie zu überreden, musst du mir einige Einzelheiten über diese Mission mitteilen.» Auffordernd sah Hannes ihn an.
«Ich weiß nicht, wie viel mein Bruder preis geben möchte. Wenn du mich zur Burg begleitest, kannst du mit meinem Bruder persönlich sprechen.»
Ben rechnete nicht damit, dass Hannes sein Angebot ausschlagen würde, doch Hannes war seine Cousine so wichtig, dass er sich sogar auf feindliches Territorium wagte, nur um sie zu schützen.
«Dann lass uns zu deinem Bruder gehen», forderte Hannes Ben auf.

Bastian ging unruhig in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Er war nervös und wartete auf eine Nachricht von seinem Bruder, in der Ben ihm mitteilte, welche Entscheidung die Lilie getroffen hatte.
Nach weiteren sich ziehenden Minuten klopfte es an der Tür.
«Herein!» Bastians Stimme halte laut durch den Raum. Herein kam niemand anderes als sein Bruder und ein, ihm unbekannter, Mann.
«Ben, hast du Neuigkeiten?», fragte Bastian seinen Bruder aufgeregt.
«Erst einmal: Hallo. Dann: Ich habe nicht mit der Lilie gesprochen, sondern mit Hannes, der übrigens hier neben mir steht. Er ist der Cousin der Lilie und ein alter Bekannter von mir. Außerdem bezeichnet man ihn als das Oberhaupt der Diebe.» Nachdem sein Bruder geendet hatte, flog Bastians Blick zu Hannes.
«Und was macht er jetzt hier?» Misstrauisch wandte er sich wieder seinem Bruder zu.
«Ich möchte nur anmerken, dass ich für mich selber sprechen kann. Ich ließ mich von Ben hierher führen, weil die Lilie, wie gesagt, meine Cousine ist und ich mich deshalb für sie verantwortlich fühle. Genauso wie für jeden anderen Dieb, der unserer Vereinigung angehört. Ben erklärte mir, dass Ihr mir Einzelheiten zu dieser Mission, auf die ihr meine Cousine schicken wollt, geben könnt?» Hannes ließ seinen Satz wie eine Frage enden.
«Ja, das kann ich. Aber als wer möchtest du das wissen? Als der besorgte Verwandte oder als Oberhaupt der Diebe?» Bastian schaute Hannes an.
Egal, was ich jetzt sage. Es ist falsch, dachte Hannes. Bastian will meine Cousine für diesen Auftrag und sieht nicht ein, warum er mir diese Informationen geben soll.
«Ich kann jetzt sagen, was ich will. Ihr werdet mir die Einzelheiten nicht geben», stellte Hannes fest.
Er hat Recht. Ich werde ihm die Einzelheiten nicht ohne einen sehr guten Grund geben, dachte Bastian.
«Ich schlage Euch einen Handel vor: Ich werde meine Cousine davon überzeugen diesen Auftrag anzunehmen und Ihr gebt mir einige Einzelheiten. Was haltet Ihr davon?», fragte Hannes.
«In Ordnung. Bei dieser Mission geht es im Grunde darum, unseren Nachbarn Maximilian von Legannhofen auszuspionieren. Er plant scheinbar sich die Baronie Dache anzueignen. Wir benötigen einen Spion, der die Pläne des Barons in Erfahrung bringt.»
Da fiel ihm etwas ein. «Wenn du mehr über den Verlauf des Auftrags erfahren möchtest, ist die Bedingung, dass du mir etwas über deine Cousine erzählst.»
Hannes dachte einen Moment darüber nach. Ich muss ihnen ja nicht ihren Namen verraten.
Zustimmend nickte er und Bastian fuhr fort: «Wir hatten bis vor etwa einem Monat einen Spion auf der Burg Legannhofen, allerdings müssen wir davon ausgehen, dass er aufgegflogen ist und entweder tot oder im Kerker ist. Zum einem sollte deine Cousine herausfinden, was mit ihm passiert ist, zum anderen, ob Maximilian von Legannhofen uns angreifen wird. Die Planung der Mission werden wir deiner Cousine überlassen.»
Er redet so, als wäre es schon sicher, dass sie den Auftrag annimmt. Wer weiß, ob ich sie überreden kann, dachte Hannes.
«Wie viel werdet Ihr zahlen?», fragte Hannes neugierig.
«Wie viel sollten wir denn zahlen, damit die Lilie den Auftrag annimmt?», antwortete Bastian mit einer Gegenfrage.
«Das ist eine interessante Frage. Es kommt wahrscheinlich ganz darauf an, wie lange der Auftrag dauert und wie gefährlich dieser am Ende war. Ich würde einen Betrag am Anfang festlegen und je nachdem am Ende etwas dazu zahlen. Am Anfang würde ich etwa 600 Goldtaler festlegen.»
«Das ist ein sehr hoher Anfangsbetrag. Allerdings bin ich gewillt diesen zu zahlen. Nun denn, ich habe meine Seite des Handels erfüllt. Nun bist du an der Reihe. Erzähl mir etwas über deine Cousine», forderte Bastian Hannes auf.
«Meine Cousine ist die Tochter von der Schwester meines Vaters. Der Mann meiner Tante war Schuhmacher. Er verdiente nicht gut und konnte den beiden nicht viel vererben, als er bei einem Unglück umkam. Darauf kam meine Cousine zu meiner Familie, während ihre Mutter eine Stelle im Schloss des Königs annahm. Meine Cousine und ich konnten uns damals überhaupt nicht leiden und meine Eltern schickten sie irgendwann in ein Waisenhaus. Als ich gerade 13 war, zogen wir in diese Stadt. Kurz darauf starben sie. Ein Jahr später gab es auf dem Marktplatz einen großen Aufruhr. Anscheinend hatte ein Taschendieb dem Baron den Geldbeutel gestohlen. Als ich am Marktplatz ankam und meine Cousine erkannte, war ich erstaunt. Sie hatte das Stehlen immer verabscheut, doch jetzt hatte sie einen Geldbeutel gestohlen. So half ich ihr aus dieser Situation und als ich sie in Sicherheit gebracht hatte, unterhielten wir uns sehr lange. Auch über die Streitigkeiten, die wir zwei Jahre zuvor immer hatten. Danach vertrugen wir uns, bis auf kleine Meinungsverschiedenheiten, immer gut. Ich hatte das Stehlen schon im Alter von acht Jahren gelernt und brachte es ihr bei. Auch den Umgang mit Messer, Schwert und Pfeil und Bogen.» Als Hannes endete dachte er: Das war doch mal gut gelungen. Kein Name, nicht ihre wahre Herkunft, nicht ihr Alter.
«Ich möchte gerne noch eins wissen. Wie alt ist die Lilie nun?», fragte Bastian.
Zu früh gefreut, schoss es Hannes durch den Kopf.
«Sie ist vor etwa zwei Monaten 19 geworden.»
Kurze Zeit später verabschiedeten sie sich von einander und Hannes machte sich auf die Suche nach seiner Cousine.

«Nein! Niemals! Wie kommst überhaupt auf die Idee mich an die zu verraten?» Zornig ging die Lilie in Hannes Zimmer auf und ab. «Du hast sie doch nicht mehr alle! Bastian ist mein Erzfeind und ich soll ihm dir nichts mir nichts einfach helfen?»
«Jetzt hör mir doch mal zu!» Mittlerweile war Hannes auch kurz davor die Geduld zu verlieren.
«Ich habe dich nicht verkauft. Ich soll lediglich versuchen dich zu überreden. Und wenn du mir jetzt ausnahmsweise mal bis zum Ende zuhören würdest, bevor du widersprichst, könnten wir so einigen Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg gehen!»
«Dann wünsche ich mir für dich, dass du eine gute Erklärung hast», sagte die Lilie kalt.
«Ich kenne Ben, Bastians Zwillingsbruder, schon seit drei Jahre. Wie du weißt, war dies die Zeit, als ich im Norden der Baronie unterwegs war. Dort traf ich ihn und half ihm öfter aus der Patsche. Nachdem ich in Erfahrung gebracht hatte, dass er vertrauenswürdig war, weihte ich ihn ein. Er versprach nie ein Wort über unsere Geheimnisse zu verlieren. Hat er, soweit ich das beurteilen kann, auch nie getan. Heute kam er zu mir und erklärte mir die Lage seines Bruders, den du so nett hast abblitzen lassen.»
Die Lilie wollte schon widersprechen, wurde aber durch eine Geste von Hannes zum Schweigen gebracht. Hannes ließ gerade den Erzieher, der er all die Jahre seiner Cousine gewesen war, in ihm durchkommen. Er hatte eindeutig die Nase voll von dem Theater seiner Cousine.
«Bastian ist in einer sehr verzwickten Lage. Der liebe Maximilian von Legannhofen möchte sich Dache aneignen. Sollte ihm dies gelingen, könnten selbst wir, die Diebe, die Folgen davon spüren. Deshalb benötigt nicht nur Bastian einen fähigen Spion, sondern ich benötige auch einen», erklärte Hannes.
Bei der Erwähnung des Barons von Legannhofen hatten die Lilie die Augen verengt und diese hatte sich mit Hass gefüllt.

Eigentlich wollte ich nie wieder auch nur diesen Namen hören, geschweige denn ihn sehen, dachte die Lilie. Allerdings, wenn ich ihm eins auswischen kann, sollte ich den Auftrag annehmen, werde ich genau dies tun.
«Na gut, ich nehme den Auftrag an!»

Da es noch nicht allzu spät war, schickte Hannes einen Boten zur Burg.
«Herein», sagte Bastian, als jemand an die Tür klopfte.
«Baron, hier ist jemand, der wünscht Euch zu sprechen. Er nennt sich Pascal und behauptet der Bote eines gewissen Hannes zu sein», erklärte Franz die Lage.
«Schick ihn herein», forderte Bastian.
Pascal betrat das Zimmer und berichtete. Als er endete war Bastian mehr als zufrieden.
Sofort ließ er Ben zu sich rufen und berichtete ihm, was Pascal ihm erzählt hatte.
«Also wird die Lilie uns helfen und ich soll zu Hannes gehen?», fasste Ben die Erzählung seines Bruders zusammen. Nachdem dieser bestätigen genickt hatte, machte Ben sich sofort auf den Weg zu Hannes.

 Re: Die Lilie- 8. Kapitel
Autor:
 Rolf (Profil)
Datum:
 20.07.2015 11:36
Bewertung:
 

Na endlich! Die Fortsetzung :-)