Geschichte: Bekehrung in der Kirche 3 - In eiserner Klaue

Zehn Minuten später rammte ihm jemand die Kirchentür ins Kreuz.
Er zuckte zusammen, verschreckt wie ein wildes Tier.
Doch noch etwas hatte sich während der Gefangenschaft in Finsternis in seinem Kopf manifestiert: Unbändige Wut.
Und nun würde endlich jemand kommen, an dem er diese auslassen konnte. Mit einem Satz sprang er auf und drehte sich um. Feuchtkalte Luft wehte ihm durch das geöffnete Portal entgegen. Das grelle Licht einer Taschenlampe blendete ihn und er musste ein paar Schritte zurückweichen und den Blick abwenden.
Was würde denn jetzt noch kommen?
Schwere Schritte betraten den Raum und die Lichter in der Kathedrale entflammten wieder. Der Geschäftsmann ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Zwar hatte er schon geahnt, dass es so kommen würde, doch die Gewissheit verschlug ihm den Atem.
Drei Männer mit Uniform versperrten den Eingang und blickten sich in dem mickrigen Kirchenschiff um. Hinter ihnen schluchzte die alte Nonne. Der älteste Polizist, ein Typ mit buschigen Augenbrauen, trat vor und musterte den Mann.
„Ihr Name?“ Er klang wie eine Maschine.
„Hören Sie“, knurrte der Geschäftsmann mit zusammengebissenen Zähnen. „Ich bin nur zufällig in diese Sache hineingeraten. Ich habe nichts damit zu tun!“
Die anderen beiden Beamten hatten sich der Leiche beim Altar zugewandt und suchten offenbar nach einer Möglichkeit, sie möglichst professionell in die zerfetzte Altardecke einzuwickeln.
„Für so etwas haben wir keine Zeit!“, erwiderte der Polizist. „Sie kommen mit! Und zwar ohne Widerrede. Sie wurden bei einem Mordopfer beobachtet und wir haben im Moment keine Zeit dafür, uns auch noch Ihre Geschichten anzuhören. In der Stadt ist eine Demonstration aus den Fugen geraten und jetzt müssen wir die Mordkommission besetzten! Stellen Sie sich das mal vor! Die Kollegen da vorne sind beim Verkehr und jetzt sollen sie sich um einen Mord kümmern! Immer bekomme ich die Idioten!“
Der Geschäftsmann konnte mit dem Beamten so ungefähr mitfühlen. Auch er hatte das Gefühl, von Idioten umgeben zu sein. Aber mitkommen, das würde er trotzdem nicht.
„Sie haben doch nicht einmal Beweise“, protestierte er lautstark.
„Wir haben den Bericht einer Augenzeugin“, wischte der Polizist den Einwand beiseite. „Außerdem passt der Mord zur Demonstration. Es ging nämlich um religiöse Minderheiten.“
„Ach wirklich!“, fauchte der Geschäftsmann gereizt. „Wie schön für Sie!“
„Ihr Name?“
„Frank Kunze!“ Er spie es geradezu hervor. „Und Sie?“
„Dornbusch, angenehm“, erklärte der Polizist, ohne eine Miene zu verziehen und schrieb den Namen auf. „Mitkommen!“
„Einen Teufel werd´ ich tun!“
Der Angeklagte Kunze versuchte an dem Man vorbei und hinaus und in den Regen zu fliehen. Doch er war nicht schnell genug. Mit einer raschen Bewegung hatte Dornbusch ihn gepackt und er fühlte plötzlich kaltes Metall um seine Handgelenke.
Die Handschellen schlossen sich mit einem verheißungsvollen Klacken, noch bevor er protestieren konnte.

Fortsetzung folgt...



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.09.16 14:45.

Ich mag deine Sprache. Du beschreibst schön ausführlich und anschaulich.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht!

Nasobem, du bist eine Superleserin!!!
Toll das du das alles kommentierst und immer so ein positives Feedback für mich bereit hast. Da weiß ich, dass es jemand gelesen hat und es Sinn macht, weiterzuschreiben.
:danke:

Cooler Polizist...

Na, das ist ja mal wieder typisch. Und für sowas zahlen wir Steuern!
Außerdem: ich bin mir nicht sicher, aber können Schritte einen Raum betreten?

Metapher...:-)

Dass Polizisten einen Tatort durch Einwickeln der Leiche verändern, ist nicht glaubwürdig.
Wenn sich in Polizist, dem der Verdächtuige. mutmassliche Täter den Namen beinahe entgegenspuckt, noch mit "angenehm" antwortet, hat er eine sehr, wirklich unglaublich hohe Toleranzgrenze.

Ansonsten ist die Geschichte grossartig!
Lese gerne weiter!

Ich finde, Wahnsinn zeugt von Charakter und Personen charakterisieren fällt mir immer ziemlich schwer. :-)