Geschichte: Bekehrung in der Kirche 14 - Abgründig


 Bekehrung in der Kirche 14 - Abgründig
Buch:
  Bekehrung in der Kirche
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 18.09.2016 15:47

Mit angehaltenem Atem trat Kunze bis an die Kante.
Er zwang sich, seine Gedanken im Zaum zu halten, denn wenn er sich vor Augen führte, was er da vorhatte, würde er niemals lebendig drüben ankommen.
Unter ihm hörte er Würgegeräusche und eine wütende Stimme sprach in gezischtem Amerikanisch.
Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er sich mit dem Rücken zur Wand stellte.
Der erste Fuß berührte den schmalen Streifen Boden zwischen Wand und Abgrund. Das Knarren, das er vernahm, beruhigte ihn nicht sonderlich.
Zur Statue versteinert stand er da, die Augen weit aufgerissen. Hoffentlich hatte man ihn nicht gehört. Wenn doch, dann würde er das nicht lange überleben, das spürte er. Ohne nach unten zu sehen, rutschte er Stück für Stück an der Wand entlang.
Es erforderte seine ganze Konzentration.
Immer wieder kämpfte er mit seinem Gleichgewicht. Aus dem Augenwinkel konnte er verschwommene Bewegungen wahrnehmen. Dann ein weiterer Schrei.
Er zuckte zusammen, vor Schreck und Entsetzen.
Es hatte wie ein sterbendes Tier geklungen. Einfach nur schrecklich!
Mit rudernden Armen versuchte er seinen Halt wiederzufinden, die Bohlen unter seinen Füßen knarrten verdächtig.
"Verdammt", dachte er voll verbissener Verzweiflung. "Wenn ich einen Gott brauche, dann jetzt!"
Wie durch ein Wunder ertasteten seine zitternden Finger einen hervorstehenden Mauerstein, an den er sich gleich mit seiner ganzen Hoffnung klammerte.
Der Stein hielt ihn. Er atmete ein paar Mal tief durch und hörte den Mann unter ihm wimmern. Ihm drehte sich sein Magen um.
Ein Glück also, dass er seit so langer Zeit nichts mehr gegessen hatte. Das zahlte sich nun aus. Für einen kurzen Moment schloss er die Augen und lehnte sich an die kühle Wand. Dann schottete er sich von seiner Umwelt ab.
Völlig abgestumpft bewegte er sich weiter.
Er hörte nichts mehr von den Qualen, sah nicht mehr, wie der Mann gefoltert wurde, roch nicht den Geruch von Erbrochenem vermischt mit Blut, spürte nicht die Angst des anderen, schmeckte nicht den bitteren Geschmack des Todes, dachte nichts mehr und wusste nichts mehr.
Mit einem leeren Gefühl der Gleichgültigkeit kam er von dem Erlebten gezeichnet, aber lebendig auf der anderen Seite an. Was wollte er mehr?
Er hatte es tatsächlich geschafft!
Ein kleines Triumphgefühl schaffte es durch seine Fassade und zum ersten Mal seit Langem lächelte er wieder.
Dann jedoch, fiel ihm wieder der Mann unter ihm ein und das Lächeln verschwand. Niemand hatte so etwas verdient!
Er wollte einfach nur noch weiter, aber was brachte es ihm, wenn er auf der Suche nach der Wahrheit vor ihr abhaute?
Ansehen wollte er sich die Geschehnisse nicht mehr, doch vielleicht würde er auch etwas erfahren, wenn er einfach nur lauschte.
Wobei die Worte „einfach nur“ sichtlich untertrieben waren, in Anbetracht der Umstände.
Erschöpft setzte er sich auf den Boden, lehnte sich an die Wand und zwang sich zuzuhören.



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 26.09.16 14:50.

 Re: Bekehrung in der Kirche 14 - Abgründig
Autor:
 Rolf (Profil)
Datum:
 23.09.2016 09:03
Bewertung:
 

Sehr gute Geschichte! Lese sie mit Freuden.
Benutze doch bitte die Buchfuktion, um die Geschichte mal als Buch zusammenzufassen.
So findet man die einzelnen Teile und Kapitel leichter!

Freue mich auf Kapitel 15...

 Re: Bekehrung in der Kirche 14 - Abgründig
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 23.09.2016 13:35
Bewertung:
 

Genau.

 Re: Bekehrung in der Kirche 14 - Abgründig
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 19.10.2016 18:19
Bewertung:
 

(tu)