Geschichte: B.i.d.K. 44 - Mitwisser


 B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Buch:
  Bekehrung in der Kirche
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 12.12.2016 18:28

„Was zum Teufel!“, entfuhr es Kunze, als er vor sich die Tür zum Fernsehraum erblickte.
Er war doch ganz sicher in die andere Richtung gegangen!
Wieso war nun wieder hier?
Das durfte doch nicht wahr sein! Ein eiskalter Schauer krabbelte ihm über den Rücken, bei dem Gedanken, dass hier vielleicht höhere Mächte mit im Spiel waren.
Vielleicht war es Schicksal, dass er zum zweiten Mal die Möglichkeit bekam, sich zu entscheiden.
Vielleicht war es so gewollt.
Vielleicht war es aber auch nur Zufall.
Er wollte sich umdrehen und zurückgehen, als er plötzlich ein Geräusch vernahm.
Mit angehaltenem Atem drückte er das Ohr an die Tür.
War das ein Schluchzen?
Zögernd schob er die Tür auf und trat ein. Fahles Licht fiel durch das Fenster gegenüber und beleuchtete eine Gestalt, die zusammengekauert auf dem Boden hockte.
Fatman.
Seine Schultern bebten.
Leise Schluchzer waren zu vernehmen.
Neben ihm lag noch immer Zottels Leiche, das Gesicht zur Decke, auf dem Boden. Anscheinend nahmen die Soldaten es mit der Hygiene nicht besonders genau.
Das erklärte auch den faulig süßlichen Geruch, der bereits von Zottel ausging.
Kunze riss seinen bedauernden Blick von dem ungleichen Paar los und orientierte sich.
Wenn er noch länger hier stehen blieb, würde er seinen Mageninhalt bald los sein. Links war der Fernseher, rechts diese unendliche Sessellandschaft.
Gegenüber der Tür spendete das Fenster ein für die Verhältnisse gutes Licht, allerdings waren die Scheiben ziemlich dreckig, sodass er nicht hätte sagen können, ob es erst morgen oder schon Mittag war.
Es war auch nicht weiter wichtig.
Dieser Ort war zeitlos.
Fingerdicke Staubschichten bedeckten die aufgerissenen Sesselpolster und Girlanden aus unzähligen Spinnenweben zitterten bei jedem Atemzug an ihrem Platz an der Decke. Kunze schauderte, als er daran dachte, was er hier schon erlebt hatte.
Es kam ihm vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her, dabei handelte es sich bestimmt nur um ein paar Stunden.
Er fasste einen Entschluss.
Wenn er schon mal hier war…
So leise wie möglich versuchte er sich an Fatman und seinem Bruder vorbeizuschieben, wobei er sich nicht sicher war, ob es ihn mehr erschrecken würde, wenn Fatman hochfuhr oder Zottel.
Wahrscheinlich gäbe es bei Zottel fatalere Folgen.
Er verfluchte sich, früher mal ganz vernarrt in The Walking Death gewesen zu sein, und schlängelte sich zwischen Sofa und Fatman hindurch.
Gerade als er an den beiden Brüdern vorbei war, fuhr Fatman herum.
Seine Augen waren geweitet und schienen unübersehbar Wahnsinn widerzuspiegeln. Kunze überkam es eiskalt.
Nichts wies mehr auf den Menschen hin, der Fatman einst gewesen war, dabei war es gerade mal Stunden her, da war alles in bester Ordnung gewesen.
Wenn man den Allgemeinzustand hier als „in bester Ordnung“ zu bezeichnen vermochte.
„Was willst du?“, zischte Fatman ihn an.
„Ich…ähh. Ich wollte…“, stammelte Kunze. „Also der…“
[b]„Ist mir egal!“[/b], fuhr sein ehemaliger Begleiter ihm dazwischen.[b] „Du kannst mich mal!“[/b] Eilig quetschte sich Kunze durch die Sesselreihen.
Jahrzehnte alter Staub wirbelte auf und legte sich wie eine zweite Haut, eine Haut des Unheils, über seine Kleider.
Fatman lachte irre.
Der Geschäftsmann wagte es nicht, sich umzudrehen.
Außer Atem erreichte er das hintere Ende das Raumes und tatsächlich: Dort hing er. Der Ersthilfekasten.
Wie ein Magnet zog er ihn an und Sekunden später hatte er ihn aufgerissen.
Altes Verbandszeug quoll heraus, Tabletten und Pflaster folgten.
Kunze raffte so viel zusammen, wie er tragen konnte, ohne, dass er eines von Fatmans Worten aus seinem Verstand verdrängen konnte.
„Und weißt du“, presste dieser gerade zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ich weiß es. Ich weiß es.“
„Ach ja?“ Achtlos ließ er das restliche Zeug am Boden liegen.
Um schneller von hier wegzukommen, stieß er ein paar der Sessel um. Fatman war ihm unheimlich, wie aus einem seiner schlimmsten Träume entsprungen.
„Ja. Ich weiß es!“
Wieder dieses Lachen. Kunze quetschte sich mit vollen Händen an ihm vorbei und zur Tür. Er war bereits halb draußen, froh, dem Schrecken entkommen zu sein, da sprach Fatman plötzlich weiter.
„Weißt du“, raunte er, das tränenverquollene Gesicht zu einer fiesen Fratze verzogen, immer noch am Boden kauernd, „ich war in dem Büro. Ich weiß es! Ich hab dein Foto gesehen!“
Vom Donner gerührt, schlug Kunze die Tür hinter sich zu.
Trotzdem hörte er das irre Lachen hinter seinem Rücken.
Es war, als habe Marie sich plötzlich vervierfacht.

Fortsetzung folgt...

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 12.12.2016 19:30
Bewertung:
 

Uuuuuh... Gruselig!
:))

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 13.12.2016 19:48
Bewertung:
 

Aus diesem Grund habe ich die Tribute von Panem nie zuende gelesen.

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 Rolf (Profil)
Datum:
 14.12.2016 10:37
Bewertung:
 

Du solltest mal bei einer/mehrerer lokalen Zeitung(en) fragen, ob du die Teile als Fortsetzungsgeschite veröffentlichen darfst. So viel Mühe, wie du hier rein steckst, ist das (fast) zu schade nur für dieses Forum...

Trozdem lese ich gerne begeistert weiter!

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 14.12.2016 12:05
Bewertung:
 

Sag das bloß nicht! Sonst kommt er noch auf die Idee, uns hier mit einer unvollendeten Geschichte alleine zu lassen! (Gäbe es einen erschrockenen Smiley, wäre er jetzt hier)

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 Rolf (Profil)
Datum:
 15.12.2016 12:29
Bewertung:
 

Nicht doch, wir sichern uns natürlich das exklusive erstveröffentlichungs Recht! Und das Smilie existiert doch... :-\

 Re: B.i.d.K. 44 - Mitwisser
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 18.12.2016 17:08
Bewertung:
 

Danke für eure tollen Kommentare. Habe mich echt gefreut.
Bevor ich das hier aber an irgendeine Zeitung gebe, muss ich es erst mal fertig schreiben. Und das Ende scheint noch immer weit entfernt...
:-)