Geschichte: B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel


 B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel
Buch:
  Bekehrung in der Kirche
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 18.11.2016 19:31

„Mhhh?“, grunzte er unfreundlich in den Hörer.
Die Luft um ihn herum schien vor Anspannung zu knistern.
Er hatte keine Ahnung, welche Sprache der Anrufer sprach und mit wem dieser zu sprechen erwartete.
Deshalb musste er fürchten, sich mit den ersten Worten zu verraten.
Mit zusammengebissenen Zähnen lauschte er.
Weil ihm die Knie so sehr zitterten, ließ er sich auf den Bürostuhl vor dem Schreibtisch sinken. Er konnte jetzt nur hoffen, dass ihn hier niemand fand.
Einen Moment herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung, so als ob nach den richtigen Worten gesucht wurde, doch dann knackte ihm die Stimme eines jungen Mannes ins Ohr: „ Sergeant Brewster?“
Kunze durchfuhr es siedend heiß.
Wenn dieser Typ mit Brewster sprechen wollte, musste es etwas Wichtiges sein! Vielleicht schaffte er es, die Stimme des Sergeants zu imitieren!
Er schaffte nicht, er musste schaffen!
Ansonsten würde das Gespräch schneller vorbei sein als seine darauffolgende Beerdigung.
Natürlich hätte er auflegen können, doch er musste es riskieren.
Er tat einen letzten tiefen Atemzug und musste seine Stimme zu einem festen Klang zwingen. Glücklicherweise war der Empfang nicht besonders gut, weshalb die Wahrscheinlichkeit, damit durchzukommen, anstieg.
„Yes! Of course!“, erwiderte er aus dem Mundwinkel.
Ob der Mann es schluckte?
„Äh… This is Private Collister. Excuse me for blessing you.“
„Yes, Private. I hope there is something important you have to tell me. Make it short. I´m busy“, knurrte Kunze aus dem Mundwinkel.
Dabei versuchte er sich genau vorzustellen, wie Brewster mit niedrigeren Rängen umging. Er musste so überzeugend wie möglich rüberkommen.
Collisters Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
„Yes Sir. It’s really important. I have a new information about an optional suspect. Maybe he is the terrorist we’re searching. I … I don’t want to upset you … but why we’re helping Germany? I mean this wasn‘t our deal. Our deal only were the free trade agreements…“
Kunze tat so, als habe er Collisters Beschwerde überhört.
Ihn interessierte nur, dass die Soldaten offenbar eine Spur hatten.
Wenn sie wussten, wer der Terrorist war, würden sie ihn womöglich wieder frei lassen. Innerlich machte er einen Luftsprung, musste sich nach außen jedoch völlig glatt geben.
„What information?“, fragte er knapp.
„A photo. Sir. I will sent it you via fax machine.“
„Okay, Private. But you could have also sent it to me without calling, couldn’t you have?“
„Yes Sir.“
"And now back to the saltmines!“
„Yes Sir“, wiederholte Collister unterwürfig.
Ohne noch etwas zu sagen, knallte Kunze den Hörer auf die Gabel und blieb einen Moment einfach nur regungslos sitzen.
Er war fix und fertig. So ein Gespräch erforderte eine unglaubliche Konzentration.
Dazu kam noch, dass Englisch nicht seine Muttersprache war und Schauspiel nicht sein Prüfungsfach.
Trotzdem war es erstaunlich gut gelaufen.
Obwohl er sich gerade zu einem Verräter und Betrüger gemausert hatte, fühlte er sich besser als vor dem Gespräch.
Eine schwere Last schien von seinen Schultern gefallen zu sein.
Die Soldaten arbeiteten auf Hochtouren.
Bald würde sich das Missverständnis aufklären und er würde ein für alle Mal dieser Hölle hier entkommen!
Begeistert und erschöpft zugleich stieß er die Faust in die Luft.
Eine Sekunde später erwachte das Faxgerät, welches unübersehbar und direkt neben dem Telefon thronte, mit einem leisen Summen zum Leben.
Beinahe lautlos kam ein Blatt Papier zum Vorschein.
Kunze hatte das Gefühl, gerade den epischsten Moment in seinem Leben zu haben. Vorsichtig nahm er das Blatt.
Das Herz pochte ihm bis zum Hals, als er den Blick darauf richtete.
Nun war es soweit!
Es dauerte keine zwei Atemzüge, da zuckte er voller Grauen zurück.
Alle Vermutungen, wer es hätte sein können, waren wie weggewischt und er verfluchte sich dafür, den Müsliriegel gegessen zu haben, denn auf einmal war ihm speiübel.
Er schloss die Augen, doch das Bild blieb.
Zornig hatte es sich in seiner Netzhaut verbissen, brannte in seinem Kopf und ließ keinen angenehmen Gedanken mehr zu.
Keinen Gedanken an Rettung, keinen Gedanken an Heimat.
Es war, als hätte er in einen Spiegel geschaut.
Auf dem Foto sah ihm sein Gesicht entgegen!

Fortsetzung folgt...

 Re: B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 19.11.2016 07:11
Bewertung:
 

Gratulation! Eine unerwartete Wendung!
Wie er da wohl wieder rauskommt...

 Re: B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 19.11.2016 08:22
Bewertung:
 

Es war klar, dass ihn das Bild nicht retten würde. Das wäre zu einfach.

 Re: B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 22.11.2016 19:34
Bewertung:
 

Warum einfach, wenn es nicht auch kompliziert geht?

 Re: B.i.d.K. 39 - Blick in den Spiegel
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 25.11.2016 19:56
Bewertung:
 

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