Geschichte: Der Turm der verlorenen Träume III


 Der Turm der verlorenen Träume III
Buch:
  Der Turm der verlorenen Träume
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 30.04.2017 11:56

Giovanni lebte einsam in einer kleinen strohgedeckten Holzhütte zwischen den Feldern am Waldrand. Der alte Mann war sichtlich erstaunt, als plötzlich eine Schar Kinder vor seiner Tür stand, die alle aufgeregt auf ihn einredeten.
„Beruhigt euch!“, sagte er und hob beschwichtigend die Hände. „Einer nach dem anderen!“
Silvana fasste zusammen, was die Kinder zusammengetragen hatten. Giovannis Gesicht drückte zunehmende Bestürzung aus.
„Ich habe es tatsächlich nicht bemerkt“, seufzte er. „Obwohl ich wusste, dass es geschehen würde. Ich habe mich zu weit zurückgezogen.“
„Aber was ist es denn?“, fragte Tullio. „Was ist geschehen?“
Giovanni holte tief Luft.
„Die Menschen haben ihre Träume verloren“, sagte er dann. „Oder sie wurden ihnen gestohlen.“
„Was?“, stieß Silvana ungläubig hervor. „Wie kann man denn seine Träume verlieren? Und wer könnte und würde Träume stehlen – und wozu?“
„Träume sind eigensinnige Wesen“, sagte Giovanni. „Sie sind wie Katzen. Wenn du sie nicht pflegst, verlieren sie das Vertrauen in dich und machen sich irgendwann aus dem Staub.“
„Sind Träume denn lebende Wesen?“, fragte Silvana erstaunt. Giovanni schüttelte den Kopf. „Wir wissen nicht, was Träume sind“, sagte er. „Sie sind für unseren Verstand kaum zu erfassen. Auf jeden Fall sind es keine lebenden Wesen, wie wir sie kennen.“
Kurz war es still. Dann sagte Olivia schüchtern: „Und was sollen wir jetzt tun?“ „Seid unbesorgt“, erwiderte Giovanni. „Ich weiß, wie man verlorene Träume findet. Ich werde gehen und sie zurückbringen. Haltet durch und wartet auf mich!“
Die Kinder waren sichtlich erleichtert. Nur Silvana, die älteste, bemerkte die Unsicherheit und Furcht hinter seiner gespielten Zuversicht.
„Wie lange wirst du brauchen?“, fragte Tom.
Der Alte wurde nachdenklich. „Ich kann es nicht genau sagen“, antwortete er. „Träume sind unberechenbar. Aber bestimmt werde ich vor dem Herbst zurück sein.“
Er warf einen Blick zur Sonne. „Ich sollte so bald wie möglich aufbrechen. Geht nun und achtet gut auf eure Träume.“
Langsam zerstreuten sich die Kinder, doch Silvana blieb. Sie würde ihren Freund nicht alleine ziehen lassen. Was, wenn ihm auf der Reise etwas geschah? Der Alte erriet ihre Gedanken. „Ich weiß, dass es dir schwerfällt“, sagte er, „Aber du kannst mich nicht begleiten.“
Er wandte sich um und ging ins Haus. Silvana folgte ihm. Im Inneren gab es nur ein einziges Zimmer. Durch die wenigen kleinen Fenster drang nur spärliches Licht. An der linken Wand stand ein Bett und an der gegenüberliegenden Seite des Raumes ein großer Schreibtisch. Eine tönerne Öllampe verbreitete warmes Licht über Stapel von Papieren und Pergamenten, ein Sieb zum Schöpfen von Papier und zahlreiche Schreibfedern und Tintenfässchen. Mit einem Seufzen ließ Giovanni sich auf seinen Stuhl sinken. Eine Weile schwiegen beide. Silvana setzte sich auf das Bett und betrachtete den alten Mann.
Die weit auseinander stehenden, blauen Augen unter den buschigen, weißen Augenbrauen blickten nachdenklich ins Leere. Seine Nase war breit und flach und seine Wangenknochen traten ein wenig hervor. Sein Kinn war nach vorn gerichtet und kantig und der kurze, dichte, weiße Bart verstärkte diesen Eindruck noch. Einige Strähnen seines weißen Haares fielen ihm ins Gesicht, der Rest war mit einem blauen Band zu einem Zopf zusammengefasst.
Wie immer trug Giovanni eine schlichte, weiße Tunika, die von einem blauen Gürtel zusammengehalten wurde, eine bläulich weiße Hose und hohe, schwarze Lederstiefel. Sein langer, dunkelblauer Mantel mit den weiten Ärmeln und der spitz zulaufenden Kapuze hing über der Lehne des Stuhles.
Schließlich brach Silvana das Schweigen. „Ich habe das Gefühl“, sagte sie, „Dass du nicht wirklich weißt, was zu tun ist.“
Giovanni blickte auf. „Ich weiß es schon“, sagte er, „Aber es wird eine lange und gefährliche Suche werden.“ „Lass mich mitkommen!“, bat Silvana. „Ich werde dich sicher nicht behindern!“ „Darum mache ich mir keine Sorgen“, sagte er mit einem Lächeln. „Aber ich kann dich trotzdem nicht mitnehmen. Denk nur an deine Eltern – sie wären sicher nicht einverstanden! Nein, das ist viel zu gefährlich für ein Kind, und wenn dir etwas zustößt, dann ist es meine Schuld.“
„Aber ich kann doch nicht einfach hier warten und nichts tun!“, rief Silvana.
„Doch“, erwiderte Giovanni, „Das kannst du, und ich fürchte, das musst du auch.“
„Wohin willst du überhaupt gehen?“, fragte sie.
„Das kann ich dir nicht sagen“, antwortete er, „Denn sonst würdest du mir folgen.“
Silvana seufzte. „Sei unbesorgt“, sagte Giovanni, „Ich werde zurückkehren. Und damit du dich hier nicht allzu sehr langweilst, habe ich ein Rätsel für dich.“

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So, jetzt muss ich mir das Rätsel ausdenken, was an sich nicht schwierig ist, aber dafür muss ich den weiteren Verlauf der Geschichte schon im Kopf haben - und das ist noch nicht der Fall. Seufz. Die Geschichte verselbstständigt sich schon wieder...

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 30.04.2017 12:10
Bewertung:
 

Um Giovanni besser beschreiben zu können (und aus Spaß) habe ich eine Konzeptzeichnung von ihm gemacht. Die hänge ich hier an. (Die Farben sind vom Scanner nicht richtig aufgenommen worden, aber was soll's...)

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 01.05.2017 07:55
Bewertung:
 

Tja, dann denk dir mal was aus!

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 01.05.2017 09:24
Bewertung:
 

Bin schon dabei. Hab schon mehrere Karteikarten mit Ideen vollgeschrieben.

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 04.07.2017 14:53
Bewertung:
 

"Eine tönerne Öllampe verbreitete warmes Licht über Stapel von Papieren und Pergamenten..." Ich glaube, da muss "Stapeln" hin.
Ansonsten: Du kannst echt gut zeichnen und ich bin gespannt auf das Rätsel (es hat auch Vorteile, wenn man das alle so spät liest, da muss man nicht auf die Fortsetzung warten ;-))

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 04.07.2017 18:34
Bewertung:
 

Ich bin ziemlich sicher, dass "Stapel" richtig ist.

 Re: Der Turm der verlorenen Träume III
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 05.07.2017 09:16
Bewertung:
 

Oh, sorry. Dann ist es wohl eine Dorfspracheneigenheit...