Geschichte: to the gallows


 to the gallows
Buch:
  -
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 10.06.2017 12:59

Es war hell.
Obwohl der Himmel von grauen Wolken bedeckt war, war es hell.
Das bleiche Licht war stark genug, um jede Einzelheit auf unserem Weg zu erhellen. Es regnete nicht. Noch nicht.
Ein Blick in den Himmel verriet mir, dass es nicht lange so bleiben würde. Doch wie lange? Würde ich noch einmal spüren wie abertausende Tropfen auf mich herabrieselten?
Ich sah wieder nach vorn. Die alten Häuser beugten sich über die Gasse als sähen sie auf den kleinen Zug herab, der unter ihnen entlang schritt. Blasse Gesichter erschienen zwischen den dunklen Fensterläden, zitternde Hände klämmerten sich an fast schwarze Balken. Aufgeregte Füße eilten über dunkle Stege, Terassen und Treppen.
Die Stadt schien nur noch aus dem Dunkelbraun von nassem Holz und dem Weiß der Hauswände zu bestehen.
Ich sah in die Runde. Auch wir waren keine Ausnahme. Die langen Tuniken, die wir trugen, waren von ergrautem Weiß.Etwas anderes hatten wir nicht.
Ich und die, die mit mir gingen - wir waren geächtet, Verbrecher, Verräter. Ich konnte sie sehen, die Blicke. Wütend, verächtlich, voller Abscheu.
Aus irgendeinem Grund empfand ich Mitleid. Nicht für mich, nicht für meine Gefährten sondern für diese armen, verbitterten Menschen, die nichts sahen als Schuld und Sühne, die für jede ihrer Taten um Verzeihung baten, die Freiheit mit Verbrechen verwechselten.
Ich würde nicht bitten.
Wofür? Gnade? Die würde keinem von uns gewährt werden. Dem Schicksal konnte man nicht entkommen. Heute würde meines sich entscheiden.
Irgendwie freute ich mich darauf.
Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Ich lächelte die Kinder an, die uns ängstlich von einem Balkon aus beobachteten. Ich lächelte die Frauen an, die tote Fasane nach hause trugen. Ich lächelte den Soldaten an, der auf einem großen Rappen neben uns herritt.
Ich hatte keine Angst. Ich empfand keine Schuld.
Was ich getan hatte, war richtig und ich hatte nicht eine Sekunde vorgehabt, mich meiner Strafe zu entziehen. Ich wusste nicht, ob ich sterben würde, aber es war mir egal. Ich ließ niemanden zurück, der ohne mich nicht besser dran wäre. Ich hatte getan, was ich tun wollte.
Und ich hatte eine Ahnung, das dies kein Ende war.
Ein Hauch von Geschichte schwang in der Luft, als wir auf den Richtplatz liefen. Ein Funken Schicksal glomm in unseren Augen.
Ich spürte ein Beben durch das Holz gehen, als ich mich vor die stumme Menge stellte. Eine frische Brise fuhr durch mein Haar, als ich den Blick zum schweren Himmel hob.
Heute würde etwas Großes geschehen.
Und ich würde Teil davon sein.



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 15.06.17 18:28.

 Re: to the gallows
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 14.06.2017 18:12
Bewertung:
 

Falls das irgendwie nicht klar wird: diese Geschichte ist damit zu ende.

 Re: to the gallows
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 14.06.2017 18:54
Bewertung:
 

Doch, es wird klar, dass die Geschichte zu Ende ist. Ich habe sie zuerst gelesen, als du noch nicht ganz fertig warst, da war ich dann ein bisschen verwirrt, aber jetzt wird alles klar.

Ich kann mir das alles sehr bildlich vorstellen.
Mir ist nur ein Kommafehler aufgefallen: zwischen "wie" und "abertausende". Und eine Wortwiederholung mit "trugen". Die kann man aber einfach umgehen, indem man sagt: "Etwas anderes [b]hatten[/b] wir nicht."
Sonst super, wie immer!

 Re: to the gallows
Autor:
 Karakoff (Profil)
Datum:
 04.07.2017 15:23
Bewertung:
 

Schon schade, dass die Geschichte damit zu Ende ist, aber auch ein sehr episches Ende für einen Verurteilten