Geschichte: Das Geheimnis des Drachenreiters


 Das Geheimnis des Drachenreiters
Buch:
  -
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 19.08.2017 16:23

Hier ist ein weiterer Tagtraum, in dem nightdragon und ich gegeneinander kämpfen. Es macht irgendwie Spaß, sich so etwas auszudenken. Ich mache es gerne vor dem Einschlafen.
Nightdragon, ich wollte dich ja eigentlich Mireia nennen. Aber dann dachte ich, dass es viel lustiger wäre, wenn ich deinen echten Namen nehme und ihn solange abwandle und herumprobiere, bis etwas Brauchbares herauskommt. Du wirst lachen. Wenn's dir nicht gefällt, ersetze ihn einfach im Kopf durch Mireia.

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Schummriges Kerzenlicht erleuchtete die staubigen Räume der Bibliothek. Die tanzenden Schatten machten es schwer, die Buchstaben zu lesen, die sich in den schmalen Zeilen drängten wie eine verängstigte Menschenmenge.
In jeder Ecke des achteckigen Raumes war ein Kerzenleuchter an der Wand befestigt und dazwischen erstreckten sich Bücherregale vom mit Steinplatten ausgelegten Boden bis zur Decke.
Fieberhaft blätterte ich in dem in Leder gebundenen Wälzer, der so schwer war, dass ich ihn wie ein Kind auf den Armen halten musste. Ich wusste, dass er das Geheimnis enthielt, doch ich konnte die Seiten nicht finden.
Ein Geräusch hinter mir ließ mich zusammenfahren.
„Ich wusste, dass ich dich hier finden könnte.“
Mit einem dumpfen Knall landete das Buch auf dem Steinboden.
„Alessia“, sagte ich und drehte mich zu ihr um. „Ich habe dich nicht erwartet.“
„Genug davon“, unterbrach sie mich mit einer ungeduldigen Geste.
Ihr blondes Haar war mit einem blauen Band am Hinterkopf zusammengefasst, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und hingen in ihr Gesicht. Wie ich trug sie eine lederne Weste und ein weißes Hemd. An ihrem Gürtel hing ihr schlankes Schwert Schattenspalter.
„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte sie, ein Lächeln auf dem Gesicht.
„Dann will ich dich nicht weiter stören“, erwiderte ich, hob das Buch vom Boden auf und begann, sie langsam zu umrunden. Aus dem Augenwinkel warf ich einen Blick zur Tür. Sie mochte mich für feige halten. Schon immer war sie furchtlos in die Schlacht gestürmt. Ich aber hatte genug von sinnlosem Blutvergießen.
„Du willst doch nicht schon gehen!“
Mit einem metallischen Geräusch glitt Schattenspalter aus der Scheide.
Ich wich zurück.
„Was willst du?“, fragte ich. „Ich habe nichts, was dir Nutzen bringen könnte!“
Alessia antwortete nicht. Sie hob ihr Schwert über den Kopf und ließ es auf mich herabsausen.
Ich duckte mich und wich zur Seite aus. Wieder landete das Buch auf dem Boden. Und wieder stand Alessia zwischen mir und der Tür.
„Tanz mit mir!“, sagte sie.
„Ich fühle mich nicht gut“, versetzte ich, „Ich sollte mich schonen.“
„Keine Sorge.“
Sie trat einen Schritt auf mich zu.
„Diese Klinge wird dich munter machen.“
Sie streckte den Arm aus und setzte mir die Schwertspitze auf die Brust.
Ich trat einen Schritt zurück, um eine Handbreit Abstand zwischen mich und die Klinge zu bringen. Dann zog ich mein Schwert Drachenzunge. Es wog beruhigend schwer in meiner Hand. Für einen Moment fühlte ich mich stark. Doch dieses Hochgefühl wurde sofort wieder zunichte gemacht.
Alessia führte einen schnellen Hieb zu meiner Linken. Ich lenkte ihn nach unten ab, doch die Klinge streifte mein Bein. Sie hinterließ keine nennenswerte Wunde, erinnerte mich aber schmerzlich an meine Verletzlichkeit.
Langsam umkreisten wir einander wie zwei Raubkatzen vor dem Kampf; jeder wartete darauf, dass der Gegner zuerst angriff.
Immer wieder schweifte mein Blick zur Tür. Ich musste von hier verschwinden.
Plötzlich stieß ich vor.
Stahl klirrte auf Stahl, als sie mir in den Weg sprang und meinen Schlag parierte. Mit raschen Hieben drängte sie mich zurück.
Immer wieder wechselte sie ihr Schwert von der linken in die rechte Hand und zurück, doch ich war mit ihren Tricks vertraut und ließ mich davon nicht verwirren.
Plötzlich durchzuckte brennender Schmerz meine linke Schulter. Ich war Schattenspalters raschem Vorstoß ausgewichen, doch nicht schnell genug. Der Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen. Hastig wich ich zurück. Blut quoll aus der Wunde, sickerte durch mein Hemd und rann den Arm hinab.
Ich biss die Zähne zusammen und ließ die willkommene Hitze des Zornes in mir aufsteigen.
Mit einem Schrei stürmte ich los und hackte wie von Sinnen auf Alessia ein. Ihre verdutzte Miene spornte mich nur weiter an. Eine blutige Wunde hinterließ ich an ihrem rechten Arm, eine weitere an ihrem Oberschenkel.
Alessia parierte einen Hieb über ihrem Kopf. Und für einen Moment kam das Gefecht zum Stillstand. Mit schweißglänzenden Gesichtern starrten wir uns an, und die Luft zwischen uns schien Funken zu sprühen.
Plötzlich lehnte sie sich zurück und rammte ihren Stiefel in meinen Bauch. Ich stolperte rückwärts und krümmte mich. Drachenzunge schepperte nutzlos zu Boden.
Ich rang nach Luft, doch für eine schmerzhafte Sekunde war meine Lunge wie versteinert.
Als der kühle Lebenshauch endlich in meinen Körper zurückkehrte, war der Zorn bereits da. Mit einem Schrei stieß ich vor und rammte ihr meinen Kopf in den Bauch.
Das Schwert glitt ihr aus der Hand und gemeinsam gingen wir zu Boden.
Ich hielt sie fest und streckte den Arm nach Schattenspalter aus, das nicht weit entfernt lag, konnte es jedoch nicht erreichen.
Da bäumte Alessia sich unter mir auf, ich verlor das Gleichgewicht und rollte zur Seite. Blitzschnell war sie über mir.
Ich wand mich in ihrem Griff, packte ihre Schultern und versuchte, sie von mir zu stoßen.
Doch Schattenspalters kalte Berührung an meiner Kehle ließ mich abrupt innehalten. Langsam ließ ich die Arme sinken. Alessia grinste mich an. Sie stand auf und bückte sich, um auch das andere Schwert aufzuheben. Dabei rutschte die Spitze der Klinge von meinem Hals. Schnell rollte ich mich zur Seite und stand auf.
Alessia hob in gespieltem Erstaunen die Augenbrauen.
„Ist das dein Ernst? Du glaubst, du könntest mir entkommen – unbewaffnet?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Törichtes Mädchen.“
Ich versuchte, ihr auszuweichen – mit wenig Erfolg. Wie Blitze eines zornigen Gottes gingen Drachenzunge und Schattenspalter auf mich nieder. Mit einem Schmerzensschrei brach ich in die Knie.
Alessia kreuzte die Klingen vor meinem Hals.
„Töte mich“, keuchte ich, „Dadurch kommst du deinem Ziel nicht näher.“
Sie ließ die Waffen sinken.
„Du irrst dich“, grinste sie und schob Schattenspalters Spitze unter die schlichte Schnur um meinen Hals. Als sie daran zog, kam aus dem Kragen meines Hemdes eine goldene Münze zum Vorschein. Ich senkte den Kopf.
Alessia schob Drachenzunge in die Scheide, nahm die Münze in die Hand und betrachtete einen Moment den Drachen, der darauf geprägt war. Dann schloss sie die Finger darum und riss sie ab.
„Endlich gibt es nichts mehr, dass mich aufhalten kann“, sagte sie.
Ich blickte auf.
„Du weißt den Weg nicht“, entgegnete ich.
Sie klopfte auf ihren Gürtel. Erst jetzt bemerkte ich die beiden zusammengerollten Seiten, die daran befestigt waren. Seiten aus dem Buch, in dem ich so verzweifelt gesucht hatte. Sie hatte die Karte. Sie war mir zuvorgekommen. Ich spürte Tränen der Verzweiflung in mir aufsteigen, unterdrückte sie aber.
„Ich könnte dich töten“, sagte Alessia. „Du bringst keinen Nutzen mehr für mich. Andererseits – Ich würde es bedauern, wenn du meinen Triumph verpasst.“
„Der Drachenreiter ist tot“, stieß ich hervor. „Seit Jahrhunderten hat es keinen mehr gegeben!“
„Richtig“, entgegnete sie. „Deshalb wird es Zeit, dass ein neuer Drachenreiter sich erhebt.“
Sie wandte sich um.
„Ich bin überzeugt, dass sich unsere Wege wieder kreuzen werden.“
Mit diesen Worten verließ sie den Raum.
Ich ließ meinen Kopf in die Hände sinken. Die Münze war in meinem Besitz gewesen. Ich hatte es beinahe geschafft. Doch sie war mir zuvorgekommen. Nun war alles verloren.
Nein.
Nicht alles.
Ich war am Leben.
Alessias Worte waren eine Herausforderung gewesen. Sie spielte mit mir wie eine Katze mit ihrer Beute.
Ich hob den Kopf. Mit einiger Mühe gelang es mir, aufzustehen. Ich musste ihr folgen. Sie würde bald erkennen, wer von uns beiden wirklich die Katze war.
Doch zuerst mussten meine Wunden versorgt werden.
Ich schleppte mich zur Tür. Dort lehnte etwas langes, glänzendes an der Wand.
Sie hatte mir Drachenzunge dagelassen.
Ein Lächeln huschte über mein blutverschmiertes Gesicht, als ich das lange Heft umfasste.

 Re: Das Geheimnis des Drachenreiters
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 19.08.2017 16:25
Bewertung:
 

Eine weitere Niederlage... Es macht mir irgendwie mehr Spaß, zu verlieren. Was soll's, vielleicht gewinne ich nächstes Mal. Oder du schreibst auch mal einen Traum, nightdragon.

 Re: Das Geheimnis des Drachenreiters
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 25.08.2017 14:02
Bewertung:
 

Haaah....nenn es eitel aber ich liebe es von mir in deinen Geschichten zu lesen.
Aber mal im Ernst: ich werde mir mit jeder Geschichte ähnlicher ( mal abgesehen von meinen tollen Fähigkeiten und schurkischem Verhalten). Das machst du echt gut. Es macht echt Spaß diese ganzen Kleinigkeiten zu lesen und jedesmal zu denken: "Das hätte ich auch gemacht/gesagt!" oder sowas in der Art.

 Re: Das Geheimnis des Drachenreiters
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 26.08.2017 13:21
Bewertung:
 

Hehe. Das kann ich mir vorstellen. Ich bin auch jedes Mal stolz, wenn mir etwas einfällt das du wirklich tun oder sagen würdest.
Schreib doch auch mal eine Geschichte über uns beide. Ich will mich auch mal irgendwo wiedererkennen. Pleeeaase!
Mein Name ist allerdings weniger leicht zu verwursten, glaub ich. :))

 Re: Das Geheimnis des Drachenreiters
Autor:
 BlueAngel (Profil)
Datum:
 03.09.2017 11:42
Bewertung:
 

Wow, cool <3 :D