Geschichte: Freunde


 Freunde
Buch:
  -
Autor:
 nightdragon (Profil)
Datum:
 02.09.2018 10:15

Ich dachte, es könnte MyStory vielleicht helfen, wenn ich ein wenig über Freunde-Verlieren und so schreibe - dann können wir zusammen rumheulen!

Ich habe mal getanzt.
Das ist einige Jahre her, aber ich erinnere mich sehr deutlich daran.
Ich war neu in der Gruppe. Ein Quereinsteiger.
Ich war die einzige, die keine Ahnung von Ballet hatte.
Es war schwer. Alle kannten sich, seit sie sechs waren, alle konnten mit den ganzen französischen Kommandos irgendwas anfangen.
Aber da waren zwei, die gleich am Anfang auf mich zu kamen. Die mein Interesse für Manga teilten, die nett waren und einen ähnlichen Weg hatten. Sie waren selber lange Außenseiter gewesen bis sie sich gefunden hatten und jetzt waren wir zu dritt.
Ich wurde besser, lernte mehr Leute in der Gruppe kennen, fand mehr Freunde. Irgendwann fühlte ich mich richtig wohl.
Aber nicht alles am Tanzen war toll und nach zwei Jahren hörte ich auf. Es gab eine Abschlussfeier, wie jedes Jahr und es war die einzige Party, die ich je richtig genossen habe (also die einzige “typische“ Party mit Tanz und vielen vielen Leuten).
Das war der wohl bittersüßeste Abend meines Lebens. Ich habe so viele Freunde auf einmal verloren. Von kaum jemandem hatte ich die Nummer oder sonst irgendwas.
Die meisten habe ich nie wieder gesehen.

Eine andere Geschichte von vor einem Jahr.
Ich larpe. Was das ist, kann man im Internet rausfinden. Im Grunde fahren meine Brüder und ich jedes Jahr in ein Camp und durchstehen gemeinsam eine harte Ausbildung und andere Gefahren - wobei die Ausbildung das größere Übel ist.
Wir sind in Lehrjahre und innerhalb dieser in kleinere Gruppen von bis zu zwölf Leuten unterteilt. In diesen Gruppen treten wir an, teilen ein Zelt, machen Lanzendienste, tragen ein von uns hergestelltes Banner und legen gemeinsam am Ende der Woche die Lanzenprüfungen ab. Meine letzte Lanze war voll von interessanten Leuten. Eine, die mich immer zum Lachen brachte und mich “Chef“ nannte, weil sie sich meinen Namen nicht merken konnte. Einer, der immer verständnisvoll war und sich um alle kümmern wollte, nur weil er der Älteste war. Eine, die sich immer einbringen wollte, obwohl die Ausbildung nichts für sie war, die unheimlich lieb war aber immer die Schuld bei sich gesucht hat. Einer, der - auch wenn er gerne Ärger gemacht hat - bis zum Schluss immer mit ausgerückt ist und auf den man sich verlassen konnte und so weiter.
Auch von dieser Gruppe habe ich dieses Jahr außer meinem Bruder niemanden gesehen.

Eine andere Geschichte.
In unserer Klasse war ein Mädchen.
Sie war erst später dazugekommen, aber sie war nett und Nasobem und ich freundeten uns mit ihr an. Sie war Cheerleaderin und hat uns immer ihre Choreos gezeigt. Sie wollte mir auch Bogengänge beibringen.
Leider hatte sie gesundheitliche Probleme. Sie fehlte immer öfter und länger, bis sie schließlich gar nicht mehr kam.
Jedes Mal, wenn ich jemanden einen Bogengang machen sehe, muss ich an sie denken und hoffe, dass es ihr gut geht.

Aber obwohl so viele, die ich kenne, zu verschwinden scheinen, bringt mich das noch lange nicht zum verzweifeln.
Denn manche Leute bleiben. Manche sind schon ewig da und werden so bald auch nicht aus meinem Leben verschwinden.
Vor elf Jahren, in der ersten Klasse, war da dieses Mädchen.
Sie war meine Freundin.
Natürlich war sie das, alle Mädchen waren miteinander befreundet. Es gab keine richtigen Feindschaften oder Gruppen - zumindest sah ich es so.
Die Grundschulzeit schritt voran, Freundschaften bildeten sich und zerfielen. Ich hatte immer noch nicht so richtig irgendwelche festen Freunde, die ich absolut toll fand und mit denen ich für immer befreundet sein würde.
Das Mädchen hatte sich mit einem anderen im auf die Bänke am Ende des Schulhofs gesetzt. Sie schrieb Gedichte und Geschichten und sie konnte gut zeichnen. Sie war außerdem schlau und gut in der Schule. Ich fand sie lustig. Sie hatte viele witzige Ideen und gegen Ende der vierten hatten wir mehr miteinander zu tun. Waren wir da schon richtige Freunde? Gute Freunde? Oder sogar beste Freunde?
Ich weiß es nicht. Irgendwie bezweifle ich es.
Aber dann wechselten einige aus unserer Klasse die Schule.
Wir wechselten auf ein Gymnasium. Dort gab es zwei Spanisch- und eine Lateinklasse.
Das Mädchen und ich kamen zusammen in die Lateinklasse.
Natürlich setzten wir uns zusammen, schließlich kannten wir sonst niemanden.
Ein Jahr verging, wir waren auseinander gesetzt worden und hatten uns in der Klasse etwas eingewöhnt - zumindest ein bisschen. In diesem Jahr hatten wir viel mehr zusammen gemacht. Wir hatten Ideen ausgetauscht. Wir teilten ein Interesse für Drachen und fantastische Wesen und Orte. Auch Herr der Ringe fanden wir beide toll. Wir mochten ähnliche Leute, tauften die “coolen“ Mädchen Hühner....wir wurden definitiv Freunde. Und nach einem Jahr, als wir in der sechsten Klasse anfingen, Latein zu lernen, begannen wir unsere Geschichte.
Bis heute arbeiten wir daran, jahrelang haben wir geschrieben, beraten, uns Länder und Völker ausgedacht uns Hausaufgaben gebracht, wenn einer krank war, anonyme Kritikbriefe an unseren Klassenlehrer geschrieben, gemeinsam Vorträge gehalten und eine Liebe für Musicals entwickelt, uns ein eigenes Abschiedsritual ausgedacht und es immer weiter ausgebaut, gemeinsam getanzt, philosophiert, Rollenspiele inszeniert, uns über das Nibelungenlied lustig gemacht, uns durch andere furchtbare Unterrichtslektüre gequält, sind zusammengewachsen, sodass wir nur noch als eine Entität wahrgenommen wurden, wurden das ultimative Team und haben gemeinsam Pläne gemacht, Künstler, Autoren, Musicaldarsteller und fantasy-Helden zu werden.
Diese Freundin werde ich nun bestimmt nicht mehr los und immer, wenn ich einen Freund verliere, tut es jedes Mal ein bisschen weniger weh, weil ich immer an das immer stärkere Band denken kann, dass uns verbindet und daran, was wir zusammen noch erreichen können.
Ich habe mal gelesen, dass es nur drei Leute braucht, um glücklich zu werden.
Ich glaube, das ist gar nicht so falsch und drei sind vermutlich besser als einer ( wenn die mal krank ist muss irgendwer den Hund versorgen, während ich am Krankenhausbett sitze und ihre Hand halte), aber wenn man sehr gut ist, reicht diese eine Person völlig aus.

Also sei nicht traurig. Deine Freunde werden entweder neue, gute Freunde finden, die sich gut um sie kümmern, und/oder nehmen wieder mit dir Kontakt auf.
Eines ist jedenfalls sicher: irgendwer ist immer da, auch wenn es nicht immer so aussieht.



PS: ich hab das alternative Ende von Jailbreaking vor einer ganzen Weile fertig geschrieben, man hat es bloß nicht mehr mitbekommen, weil es nicht mehr auf der ersten Seite steht



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.09.18 10:17.

 Re: Freunde
Autor:
 Nasobem (Profil)
Datum:
 02.09.2018 12:35
Bewertung:
 

[b]Elphaba[/b]
You're the only friend I've ever had.

[b]Glinda[/b]
And I've had so many friends...
But only one that mattered.

 Re: Freunde
Autor:
 MyStory (Profil)
Datum:
 02.09.2018 13:56
Bewertung:
 

Hey Nightdragon.
Danke, für deine Worte! Ich muss die ganze Zeit an sie denken.
Leider mögen meine Eltern sie nicht. Ich muss zugeben, dass sie ziemlich
Assotial aussehen, sie sind älter als ich. Aber sie haben mich hinter ihre Schale blicken lassen. Wenn man sie ansieht, sieht man 4 Leute mit Kaputzenpullis, die Deutschrap hören und ziemlich auf bad-boys machen.
Aber ich habe sie kennen gelernt. Sie sind lieb. Meine Eltern sehem nur die äußere Schale. Sie sehen Leute, die mir wehtun können, rauchen und unfreundlich sind. Ja ich muss zugeben, am anfang mochte ich sie nicht.
Aber dann gehörte ich irgendwie zu ihnen. Ich habe nicht geraucht, Deutschrap gehört und getrunken. Aber sie haben mich axeptiert wie ich bin.
Als ich zu einem gesagt habe: mach die Kippe aus, das ist nicht gut für dich,
Hat er sie ausgemacht.
Einmal hatte ich einen schlechten Tag gehabt.
Sie haben mich aufgeheitert. Ich saß rum und habe traurige Musik gehört. Einer hat dann seine Box angeschaltet und ein fröhliches Lied angemacht. "Schluss mit depri Stimmung!" Hat er gesagt. Es wurde ein mega schôner Tag! Jetzt sitze ich hier. Weit weg von ihnen und bin traurig. Wer sagt jetzt "schluss mit depri stimmung"? Sie sind echt nett!
Schade, dass sie das niemanden sehen lassen. Jetzt sind sie weg.
Aber das Leben geht weiter. Leute kommen und gehen. Manche bleiben.
An dieser Stelle ein fettes dankeschön, an alle die mich täglich hochziehen.
Ich habe mir forgenommen sie wieder zu sehen. Egal wie, egal wo!